Nach fast 100 Jahren verlässt das Militär Châteauroux
Während in Gütersloh der angekündigte Abzug der englischen Truppen und die damit verbundenen Konsequenzen diskutiert werden, ist das Kapitel Militärstandort für unsere Partnerstadt endgültig abgeschlossen. Im Juni verließen die letzten Soldaten den Standort Châteauroux.
Auf den ersten Blick ähneln sich die Entwicklungen von Châteauroux und Gütersloh als Militärstandorte, es gibt allerdings einige wichtige Unterschiede. In Gütersloh wurde der Flughafen 1935 gebaut und nach dem Krieg sofort und ausschließlich von den Engländern benutzt, die zivile Nutzung war immer unbedeutend und deutsches Militär gab es nach dem Krieg hier nicht mehr. In Châteauroux war die Entwicklung vielfältiger. Französisches und amerikanisches Militär wechselten sich ab, und schon früh nutzten auch private Firmen den Flughafen.
Wie in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift "Châteauroux pour tous" zu lesen ist, begann die Militärgeschichte in Châteauroux im Jahr 1916 mit einer Flugschule für die französische Luftwaffe. Parallel entstanden Einrichtungen für die Unterhaltung und Instandsetzung der Flugzeuge und schon damals gab es für kurze Zeit eine private Flugzeugfirma.
1945 wurde der Flughafen von den Amerikanern übernommen, die in Châteauroux ihr zentrales Materialdepot für Europa aufbauten. Entsprechend groß waren die Flughafeneinrichtungen. 1953 waren in Châteauroux 5000 amerikanische Soldaten mit fast 7000 Angehörigen stationiert und fast 4000 Einheimische arbeiteten für den Standort. Der technische Fortschritt machte den Stützpunkt allerdings bald überflüssig.
Durch größere Reichweiten der Flugzeuge konnten die amerikanischen Truppen direkt aus Amerika versorgt werden, ein großes Depot in Europa war nicht mehr erforderlich. Dadurch wurden 1959 und 1962 jeweils große Teile der Zivilangestellten entlassen. Das führte damals in der Region zu schweren Problemen auf dem Arbeitsmarkt. 1967, nachdem Frankreich ein Jahr zuvor aus der Nato ausgetreten war, zogen die Amerikaner endgültig ab. Jetzt standen große Industrieflächen und Anlagen leer, die sinnvoll verwendet werden mussten.
Ein Teil der Flächen und der Einrichtungen wurde von privaten Unternehmen übernommen, ein großer Teil ging aber an das Verteidigungsministerium, das dort u.a. bis 1976 ein Flugzeugwerk betrieb und verschiedene Truppenteile, diesmal allerdings Bodentruppen und nicht Luftwaffe, stationierte. Im Juni 2012 haben auch diese Truppen den Standort verlassen, es gibt kein Militär mehr in Châteauroux.
Der Flughafen wird dadurch allerdings nicht verwaisen da er schon seit 1976 zunehmend auch für zivile Frachtflüge benutzt wird. Seit 2007 wird er von einer regionalen Gesellschaft geführt, die im Frühjahr dieses Jahres Pläne für neue, größere Hangars vorgestellt, in denen große Frachtflugzeuge gewartet werden können. Man verspricht sich davon ein profitables Geschäft.
Für Châteauroux ist der endgültige Abzug des Militärs also kein einschneidendes wirtschaftliches Ereignis mehr, denn die Ablösung hat seit vielen Jahren nach und nach stattgefunden. Die Probleme auf dem Arbeitsmark mussten schon 1967 gelöst werden, die zivile Nutzung der Flächen und Einrichtungen ist schrittweise realisiert worden. Die Flughafenbetreiber und die flugtechnische Industrie in Châteauroux sehen die Zukunft positiv. Der Abzug der Truppen ist eher geschichtlich bemerkenswert. Immerhin geht damit ein fast hundert Jahre altes Kapitel zu Ende.
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